Sackpfeifenesel & Co. – Kampfbilder gegen das Papsttum

Seltene Sammlung der derben anti-päpstlichen Propaganda Martin Luthers in der Ausstellung „Bibel – Thesen – Propaganda“.

Ein Beitrag von Christiane Caemmerer, Michaela Scheibe und Karla Faust.

Als Antwort auf die anhaltenden Auseinandersetzungen um die Einberufung eines Konzils auf deutschem Boden, wie von den Protestanten gefordert, schrieb Luther 1545 nicht nur den Traktat Wider das Papstum zu Rom, vom Teufel gestiftet, sondern er initiierte auch eine Serie von Einblattdrucken, für die er die Texte schrieb und Lucas Cranach d. Ä. bzw. dessen Werkstatt beauftragte, die Holzschnitte für die Bilder herzustellen.

Holzschnitt Adoratur Papa deus terrenus, Quartdruck mit Nachschnitten des Bilderzyklus, um 1600. Abteilung Historische Drucke. Lizenz: CC-BY-NC-SA

Bilder und Texte sind so dem Grobianismus der Zeit verhaftet, dass sogar Luthers Freunde ihn schockiert fragten, ob es so derb sein müsse. Der Reformator äußerte sich kurz vor seinem Tod sehr dezidiert dazu: „Dies ist mein Testament“ und er blieb dabei, dass diese drastischen Bilder auch den Leseunkundigen den „wahren“ Charakter des Papsttums vor Augen führen sollten. So zeigt ein Bild aus der Reihe einige Bauern, die im Begriff sind, sich in die Tiara zu entleeren. Kommentiert wird dies mit den deutlichen Worten Luthers: „Der Bapst hat dem Reich Christi gethon, wie man hie handelt seine Cron“. In einer anderen Darstellung schlagen dem Papst und seiner „flammenden“ Sentenz – statt der Demutsbezeugung des zeremoniellen Fußkusses – heftige Flatulenzen entgegen.

Holzschnitt Hic oscula pedibus Papae figuntur, Quartdruck mit Nachschnitten des Bilderzyklus, um 1600. Abteilung Historische Drucke. Lizenz: CC-BY-NC-SA

 

Zunächst wurden die Bilder mit den zugehörigen Versen als Flugblätter gedruckt und vertrieben. Seit 1545 sind zahlreiche Auflagen erschienen. Bis ins 17. Jahrhundert hinein blieb der Bilderzyklus populär: Die Bilder wurden nachgedruckt, auch nachgeschnitten und umgestaltet. Immer wieder fasste man die Einblattdrucke auch in höchst unterschiedlicher Form in Serien zusammen – als Buch gedruckt, handschriftlich kommentiert oder auch beschnitten und neu zusammengeklebt.

Titelblatt des um 1600 entstandenen Quartdrucks. Abteilung Historische Drucke. Lizenz: CC-BY-NC-SA

Seltener Quartdruck mit Nachschnitten der Bilder um 1600

Um 1600 entstand diese Version des Bilderzyklus gegen das Papstum: Der äußerst seltene Quartdruck mit gegenüber den Originalstöcken leicht verkleinerten Nachschnitten der Bilder. Die Schmuckelemente des Titelblattes sind in den Druckerwerkstätten von Josef Klug und auch von Georg Rhau zwischen 1528 und 1537 nachweisbar. Typen und Papier weisen allerdings auf einen späteren Druck hin.

Joachim Greffs Verse zum Bilderzyklus gegen das Papsttum

Diese Sammlung gibt die Holzschnitte in den auch im Quartdruck um 1600 verwendeten Nachschnitten wieder; die Überschriften und Texte sind dagegen handschriftlich eingefügt. Dazu gehört eine lateinische Übersetzung der Originalverse Luthers und – jeweils auf der Rückseite – eine Glossa magistralis aus etwa fünfzig paargereimten Knittelversen mit ausführlichen Bildinterpretationen. Das Monogramm IGZ, mit dem die Übersetzung gezeichnet ist, verweist auf Joachim Greff aus Zwickau, der vor allem als Autor protestantischer Schuldramen bekannt wurde. Greff studierte seit 1528 in Wittenberg, wirkte anschließend als Lehrer in Halle, Magdeburg und Dessau und von 1548 bis zu seinem Tod im Jahr 1552 als Pfarrer in Roßlau. Die Handschrift ist kein Autograph Greffs, die Textvorlage muss jedoch zwischen 1545 und dem Todesjahr Greffs 1552 entstanden sein.

Die Papstgeburt, Handschrift mit Nachschnitten der Bilder und Texten von Joachim Greff. Handschriftenabteilung. Lizenz: CC-BY-NC-SA

Die Papstgeburt

Die Handschrift mit Joachims Greffs Texten beginnt mit der Darstellung der Geburt des Papstes in der Hölle, geboren von der Mutter des Teufels und aufgezogen von den Furien. Greffs Verse berichten dazu ausführlich über die Zustände in der Hölle.

Der Papstesel

Das Bild des Papstesels (unser Beitragsbild), eines Ungeheuers mit Eselskopf, Frauenleib und Schuppenkörper, stammt ursprünglich aus dem Jahr 1523 und ist vielfach nachgestochen worden. Es wurde zunächst als Flugblatt und als Flugschrift vertrieben, auch als Doppelbild z.B. mit dem Mönchskalb. Beide Bilder waren Darstellungen von Missgeburten, die allegorisch auf das Papsttum bzw. die Geistlichkeit bezogen wurden. Die Texte schrieben Martin Luther und Philipp Melanchthon.

Höllenrachen, ausgeschnittenes und aufgeklebtes Flugblatt. Handschriftenabteilung. Lizenz: CC-BY-NC-SA

Der Höllenrachen

Dieses Bild wurde auch als Titelholzschnitt für Luthers Schrift Wider das Papsttum zu Rom, vom Teuffel gestifft verwendet. Mit seinen vielen Teufelsfiguren und dem Papst, der von den Teufeln gekrönt wird, ist das eigentliche Geschehen schwer zu deuten. Ob es sich um den Abstieg des Papstes in die oder seinen Aufstieg aus der Hölle handelt, darüber gehen die Meinungen auseinander.

Der Sauritt

Der Papst reitet in vollem Ornat auf einer Sau, die rechte Hand segnend erhoben, in der linken einen dampfenden Kothaufen. Die lateinische Überschrift und die deutsche Unterschrift erklären das Bild: Der Papst lenkt die deutsche Sau mit einem Haufen Kot davon ab, ihn weiterhin unter Druck zu setzen und auf einem Konzil in Deutschland zu bestehen.

Sauritt und Sackpfeifenesel, Flugblatt, 1545. Handschriftenabteilung. Lizenz: CC-BY-NC-SA

Der Sackpfeifenesel

Dieses Kampfbild nimmt ein mittelalterliches Fabelmotiv auf und zeigt einen mit der Tiara gekrönten Esel, der unter einem Baldachin sitzt und Sackpfeife spielt. Dazu der das Bild ironisierende Text: „Der Bapst kan allein auslegen/ Die schrifft: vnd jrtum ausfegen/ Wie der Esel allein pfeiffen/ kan: vnd die noten recht greiffen“.

Papst und Kardinäle am Galgen, Flugblatt, 1545. Handschriftenabteilung. Lizenz: CC-BY-NC-SA

Die Lästerzungen der Katholiken

Der Papst und drei hochrangige Theologen (Albrecht von Brandenburg, Otto Truchsess von Waldenburg, Johannes Cochlaeus) hängen am Galgen. Ihre »Lesterzungen« sind am Querbalken festgenagelt und ihre entweichenden Seelen werden von Teufeln eingefangen. Das in der Ausstellung gezeigte Flugblatt gehört zur ersten Auflage (1545) mit der Überschrift in großen Versalien.

Die Flugdrucke der ersten Stunde ebenso wie die höchst unterschiedlichen späteren Zusammenstellungen des Bilderzyklus gegen das Papsttum sind mit gleich vier Objekten in der Ausstellung Bibel – Thesen – Propaganda vertreten. Vom 3.2. bis 2.4.2017 können Sie dieses „Testament“ Martin Luthers und seine derben Details selbst in der Staatsbibliothek in Augenschein nehmen.

 

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