Handschriften und Historische Drucke

Forschungsprojekt "Transparenz schaffen: Recherche, Erschließung und überregionaler Nachweis von NS-Raubgut im Druckschriftenbestand der Staatsbibliothek zu Berlin"


Projektstart: September 2010 | Projektende: Juni 2014

Ziel des Projektes war die systematische Aufarbeitung von ca. 11.000 als besonders verdächtig bewerteten Zugängen im historischen Druckschriftenbestand (ca. 3 Mio Bände) der Staatsbibliothek zu Berlin.

Im Projekt wurden drei methodische Ansätze verfolgt:
 

  • Prüfung der in der internen Index-Datenbank zweifelhafter Zugänge (IDZZ) erfassten Zugangsnummern (Titelermittlung im Akzessionsjournal, Ermittlung der in Frage kommenden Exemplare im Online-Katalog und anderen Nachweissystemen)
  • Prüfung von im Alphabetischen Zettelkatalog AK II verzeichneten Exemplaren insbesondere aus der beschlagnahmten Bibliothek des Instituts für Sozialforschung (Frankfurt/Main)
  • Bestandsprüfung besonders raubgutverdächtiger Signaturenbereiche im Magazin


Die Staatsbibliothek legt großen Wert auf die nachhaltige Dokumentation der in der Provenienzforschung erzielten Recherche- und Erschließungsergebnisse. Alle nachgewiesenen Fälle von NS-Raubgut werden mit sämtlichen Provenienzspuren zeitnah und umfassend im Online-Katalog der Staatsbibliothek (StaBiKat) dokumentiert. Die in diesem Zusammenhang ermittelten Informationen sind damit weltweit recherchierbar. Über die vertiefte Provenienzerschließung werden überregional Nachnutzungseffekte für andere NS-Raubgut-Projekte erzielt. Die Daten zu den als Raubgut identifizierten Exemplaren sind auch über die von der Koordinierungsstelle Magdeburg betriebene Internet-Datenbank Lost Art zugänglich.

Nach Auswertung der erfassten Besitzvermerke werden präsumtive Eigentümer bzw. Rechtsnachfolger ermittelt und bei nach Einschätzung der Staatsbibliothek eindeutiger Faktenlage dem Justiziariat der Stiftung Preußischer Kulturbesitz zur Prüfung der Rechtslage und zur Vorbereitung der Entscheidung über die Restitution durch den Präsidenten der Stiftung zugeleitet.

Zu Beginn des Projektes wurden die dringenden Verdachtsfälle im Bereich der Hebraica und Judaica untersucht und ergänzend Magazinprüfungen durchgeführt. Anschließend erfolgte die Prüfung der  Akzessionsreihen des deutschen Geschenk- und Pflichtzugangs, in denen gehäuft geraubte Bücher aus den Bibliotheken politisch missliebiger Organisationen wie sozialistischer bzw. kommunistischer Vereine, Freimaurerlogen sowie jüdischer bzw. freikirchlicher Religionsgemeinschaften verzeichnet sind. Im letzten Drittel der Projektlaufzeit wurden die Sachstellen Sozialistica und Masonica im Magazin geprüft untersucht, besonders im Fokus standen Recherchen nach Beständen des Instituts für Sozialforschung, die auch den Alphabetischen Zettelkatalog AK II einbezogen. Daneben konnte die Prüfung der eindeutig inkriminierten Zugänge ausländischer Literatur, v.a. im Geschenkzugang, durchgeführt werden.

Besondere Probleme ergaben sich durch z.T. erhebliche Kriegsverluste in den geprüften Bestandssegmenten (insbesondere bei den Hebraica / Judaica) und durch das weitgehende Fehlen verwertbarer Provenienzspuren bei den als NS-Raubgut identifizierten Exemplaren aus den ausländischen Zugängen.

Das Projekt in Zahlen

Geprüfte Zugangsnummern

9.013

Geprüfte Titel

10.147

Ermittelte/geprüfte Exemplare

10.964

-> davon: Kriegsverluste

3.106

-> davon: nicht auffindbar (kein Katalognachweis)

1.240

Magazinprüfungen (zusätzlich geprüfte Titel/Exemplare)

21.221

Als Raubgut identifizierte Exemplare (nur vorhandene)

3.595

-> davon: mit relevanten Provenienz-Hinweisen

2.187

In dem von der Arbeitsstelle für Provenienzrecherche/-forschung am Institut für Museumsforschung der Staatlichen Museen zu Berlin (heute: Deutsches Zentrum Kulturgutverluste) geförderten Rechercheprojekt werden alle nachgewiesenen Fälle von NS-Raubgut mit sämtlichen Provenienzspuren zeitnah und umfassend im Online-Katalog der Staatsbibliothek dokumentiert. Die in diesem Zusammenhang ermittelten Informationen sind damit weltweit recherchierbar. Über die vertiefte Provenienzerschließung werden überregional Nachnutzungseffekte für andere NS-Raubgut-Projekte erzielt.

Die Daten zu den als Raubgut identifizierten Exemplaren sind auch über die von der Koordinierungsstelle Magdeburg betriebene Internet-Datenbank Lost Art zugänglich.

Parallel zur systematischen Prüfung und Erschließung werden nach Auswertung vorhandener Besitzvermerke präsumtive Eigentümer bzw. Rechtsnachfolger ermittelt und bei eindeutiger Rechtslage das jeweilige Restitutionsverfahren eingeleitet.

Im Fokus der Untersuchungen stehen zunächst die Verdachtsfälle im Bereich der Hebraica und Judaica. Erste Ergebnisse zu diesem Bestandsegment zeigen, dass sich die Suche nach den verdächtigen Exemplaren aufgrund des hohen Anteils an Kriegsverlusten besonders aufwändig gestaltet.

Bis August 2012 können mit diesem Projekt voraussichtlich die vordringlichsten Arbeiten bei der Prüfung des historischen Buchbestandes der Staatsbibliothek auf NS-Raubgut abgeschlossen werden.